Die letzte Tagung des ZK der KPD, Ziegenhals 1933, von Ernst Thälmann geleitet
Warum ist die Erinnerung an Ziegenhals wichtig?
Die Tagung fand am 7. Februar 1933, 8 Tage nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler, statt. Ernst Thälmann nahm eine Analyse der entstandenen gesellschaftlichen Situation und den sich daraus ergebenden neuen Bedingungen des Kampfes der KPD für Frieden und eine ausbeutungsfreie Gesellschaft vor.
„Genossen! Die Bedeutung der heutigen Konferenz ergibt sich schon aus der Tatsache, dass zweifelsohne durch die Bildung der Hitlerregierung eine solche Zuspitzung des Klassenkampfes eingetreten ist, wie wir sie seit 1918 kaum mehr zu verzeichnen hatten […] Wir dürfen keine Zeit verlieren. Jetzt droht der Staatsstreich. Jetzt droht die Vernichtung der Partei […] Der Kampf, der vor uns liegt, ist der schwerste, den die Partei zu bestehen hat […] Es ist der Bourgeoisie Ernst damit, die Partei und die ganze Avantgarde der Arbeiterklasse zu zerschmettern. Sie wird deshalb kein Mittel unversucht lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Also nicht nur Vernichtung der letzten spärlichen Rechte der Arbeiter, nicht nur Parteiverbot, nicht nur faschistische Klassenjustiz, sondern alle Formen des faschistischen Terrors; darüber hinaus: Masseninternierung von Kommunisten in Konzentrationslagern, Lynchjustiz und Meuchelmorde an unseren tapferen antifaschistischen Kämpfern, insbesondere an kommunistischen Führern – das alles gehört mit zu den Waffen, deren sich die offene faschistische Diktatur uns gegenüber bedienen wird […].“
Thälmanns Worte sollten sich schnell bewahrheiten. Am 27. Februar 1933 brannte das Reichstagsgebäude. Hitler bemerkte angesichts des Feuers gegenüber den ihn begleitenden Personen: „Sie sind Zeuge einer großen, neuen Epoche in der deutschen Geschichte. Dieser Brand ist ihr Beginn. Das ist ein von Gott gegebenes Zeichen. Niemand wird uns daran hindern, die Kommunisten mit eiserner Faust zu vernichten.“
Thälmann ging in seiner Rede auf der ZK-Tagung in Ziegenhals davon aus, dass sich mit der Hitlerregierung der Klassenkampf außerordentlich zuspitzen würde und verwies darauf, dass, trotz mancher Erfolge, nicht alle Ziele des Kampfes gegen den Faschismus erreicht wurden. „Wenn wir nicht mehr erreichen konnten, so deshalb, weil wir den Einfluss der SPD- und ADGB-Führer sowie der Christlichen Gewerkschaftsführer auf breite Arbeitermassen nicht indem erforderlichen Maße zu liquidieren vermochten“.
Die „verräterische“ Politik der Sozialdemokratie in der Novemberrevolution zeigte sich erneut in der Zeit der Machtergreifung des Faschismus. Thälmann führte aus: „Uns hemmten in diesem Kampf die Mängel unserer Gewerkschaftsarbeit, Betriebsarbeit, die Mängel bei der Anwendung der Einheitsfront und im prinzipiellen Kampf gegen die sozialdemokratischen Betrugsmanöver.“
Thälmann bleibt trotz dunkler Wolken am politischen Himmel der Kämpfer für die Interessen der Arbeiterklasse. „Wir müssen in der ganzen Arbeiterklasse darüber Klarheit schaffen“, führt er in seinem Referat auf der Tagung in Ziegenhals aus, „dass es wahrscheinlich keine andere Art der Ablösung dieser Regierung geben kann als ihren revolutionären Sturz. Das bedeutet nicht, dass der Sturz der Hitlerregierung und der Sieg der proletarischen Revolution unbedingt ein und dasselbe sein muss. Wir stellen die Frage des Kampfes für den Sturz der Hitlerregierung, […] ohne dass wir unter allen Umständen zu 100 Prozent sagen können, dass dies schon mit dem Sieg der proletarischen Revolution direkt verbunden ist […] Diese Feststellungen schließen jedoch – ich betone das noch einmal – keineswegs aus, dass der Kampf zum Sturz der Hitlerregierung gleichzeitig in den Kampf um die volle Macht des Proletariats umschlagen kann.“
Einen Monat nach der Ziegenhals-Tagung, nur drei Tage nach dem Reichstagsbrand, am 3. März 1933, wurde Ernst Thälmann verhaftet, verbrachte 11 Jahre in Einzelhaft und wurde am 18. August 1944 im KZ Buchenwald ermordet.
Der gegenwärtige deutsche Bundeskanzler, Olaf Scholz, ist Sozialdemokrat. Ob er Ernst Thälmann kennt, sei dahingestellt. Dass die Sporthalle in Ziegenhals zu DDR-Zeiten eine Gedenkstätte war und nach der Wende als unerwünscht abgerissen wurde, übrigens unter einer SPD-Regierung in Brandenburg, ist eine Tatsache. Erinnerungen an die KPD, an Widerstandskämpfer aus der Arbeiterbewegung oder an den opferreichen Kampf der Roten Armee im zweiten Weltkrieg sollen aus den Köpfen der Menschen gelöscht werden. Die deutsche Sozialdemokratie hat damit keine Probleme.